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Gekürzter Bericht über Bauuntersuchungen
am Schloss Sargans 1969–2001.

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Mittwoch, 15. August 2007

Bergfried, Inneres



Erdgeschoss, Verlies
Das Verlies war ursprünglich nur durch eine kleine Öffnung im Boden des Einganggeschosses zugänglich. Durch diese Luke drang auch das einzige Tageslicht in den Raum. Der heutige Zugang vom Palas zum Turm ist modern, ebenso die Treppe in den 1. Stock (beide 1964). Die Balken liegen – wohl aus taktischen Gründen – in West-Ost-Richtung, sie werden in der Mitte von einem Unterzug gestützt. Jeder zweite Balken sowie der Unterzug stammen von 1280/81, die restlichen Balken wurden anlässlich der Reparatur von 1505/06 eingezogen.

In der Südwestecke des Raumes stiess Probst «beim Graben von Furchen» auf Mauern eines parallel zum Bergfried orientierten Gebäudes.
Es handelt sich um Fundamente und aufgehendes Mauerwerk eines nur 2.43 m breiten Raumes, dessen Westerstreckung nicht fassbar ist, weil sie von der Westmauer des Bergfrieds verdeckt wird. Die Ost- und Nordmauern liegen frei, ihre Mauerstärke beträgt lediglich 52 cm. Das Gebäude war durch einen ebenerdigen Eingang von Osten her zugänglich. Probst hatte noch einen «betonirten Pflasterboden» vorgefunden, der auf gleichem Niveau wie die Eingangsschwelle in der Ostmauer lag.
Nachgrabungen 1964 durch Franziska Knoll und Hermann Obrecht 2005. (Siehe unter «Das Letzte zuerst»)

Probst berichtet auch von einer 8–10 cm dicken Brandschicht, die sich fast überall im Bergfried – auch über den älteren Mauern – verfolgen liess. Der bereits erwähnte Brand dürfte sich demnach bis ins Erdgeschoss ausgewirkt haben.

1. und 2. Obergeschoss
Die beiden Stockwerke erhalten nur spärliches Licht aus schmalen Schartenfenstern in der Südwand. Sowohl der Hocheingang an der Ostseite als auch der Abortausgang in der Südmauer des 1. Stockes sind ursprünglich.
Die Deckenbalken über dem 1. bis 5. OG liegen in Nord-Süd-Richtung. Vom Kraggebälk über dem 2. OG ist im Innern nichts zu sehen. Wahrscheinlich wurde es beim Brand um 1280 zerstört oder spätestens bei der Reparatur von 1505/06 entfernt, als man alle Böden vollständig erneuerte.

3. und 4. Obergeschoss
Über dem mit Tuffquadern errichteten Stockwerken sind die Mauern auf allen vier Seiten nur noch ca. 1 m stark. Dadurch werden die Räume weiter, hell und wohnlich: der Bergfried wird zum Wohnturm. Im 3. OG öffnen sich Pforten und Fenster nach allen vier Seiten: ein Doppel- und zwei Einzelfenster in der Südwand, zwei schmale Rundbogenfenster in der Nord- und eines in der Westwand. Auf der West-, Ost- und Nordseite führte je eine Türe auf den Wehrgang. Die West-Türe ist ganz an die Nordwest-Ecke gerückt und nördlich neben der Ost-Türe zeichnen sich Spuren einer steilen Treppe ab. Zwischen dem Doppelfenster und den beiden Einzelfenstern in der Südwand befand sich eine offene Feuerstelle mit Kaminabzug. Der Raum war früher unterteilt: an der Nordwand konnte Probst noch Spuren einer schmalen Trennwand erkennen, die im Süden genau mit der Westkante des Kamins zusammenfällt. Vermutlich war es eine Bohlen/Ständer-Konstruktion wie im Palas von 1506–10. Von einer weiteren Unterteilung in West-Ost-Richtung haben sich keine Spuren erhalten.

Sechs Balken über dem 3. OG datieren von 1280/81 (Da es sich um Lärchenholz handelt, das einen atypischen Wachstumsverlauf aufweist (Grenze der natürlichen Ausbreitung der Lärche), wird die Datierung mit Vorbehalt angegeben). Zum Teil handelt es sich um wiederverwendete Balken mit Ausnehmungen und stecken gebliebenen Holznägeln. An einem Balken in der Achse der Nordtüre sind noch Spuren einer Aufzugsspindel zu sehen. Sie dürfte zu einem Aufzugsgalgen gehört haben.

Alle übrigen Balken sowie die Bretterböden der oberen Geschosse stammen von der Instandstellung 1901–1906. E. Probst zeichnete in seinen Aufnahmeplänen nur noch wenige erhaltene Balken ein. Bereits 1885 bemerkte Salomon Voegelin in seiner Schlossbeschreibung, «vom dritten [Turm-] Stocke an fehlen die Böden, die Treppen dagegen sind bis zum Dachraume erhalten».

Auch der 4. Stock ist geräumig und hell. Der rot gefasste Kellenstrich, wie er an den Fassaden auftritt, ist auch hier im Innern erhalten geblieben. Die Brandspuren zeichnen sich hier noch deutlicher ab als an den Fassaden. Mit Ausnahme der Südmauer, wo der Verputz auf Kaminbreite unterbrochen ist, sind die Kellenstriche ohne Unterbruch durchgezogen. Offenbar war der Raum ursprünglich nicht unterteilt. Die farbige Behandlung der Wände hebt sich deutlich von den übrigen Räumen des Turmes ab. Es dürfte sich daher um einen Festsaal handeln (Feierte hier der berüchtigte Graf Rudolf II. 1323, als er den gekidnappten Bischof von Basel gegen Lösegeld wieder los war?).
Gegen Süden hatten ursprünglich drei Öffnungen bestanden: ein rundbogiges Türchen, welches zu einem Aborterker führte (nachträglich auf eine kleine quadratische Nische mit Schüttstein reduziert) sowie zwei schmale Rundbogenfenster. Je ein Fenster findet sich auch den andern Seiten, wobei das westliche möglicherweise nicht ursprünglich ist, denn der Kellenstrich-Putz ist unterbrochen und links neben der Leibung lässt ein schräg gezogener Kellenstrich auf eine steile Treppe schliessen, die hier in einen Obergaden oder Dachraum hinaufgeführt hatte.

Bei der Wiederherstellung nach dem Brand wurde der beschädigte Verputz nicht ausgebessert, weil der Saal vermutlich in niedrige Kemenaten oder Bohlenkammern unterteilt wurde (Dann müsste Rudolf II. seinen geglückten Coup in einem anderen Raum gefeiert haben ...). Wahrscheinlich weil der Verputz hinter der Bohlenwand nun geschützt war, ist er in diesem Zustand erhalten geblieben. Zwei liegende Scharten in der Südmauer, auf OK Pietra-rasa Mauerwerk, waren keine Schiessscharten, sondern Entlüftungsöffnungen zwischen Bohlendecke und Balkenlage. Solche Entlüftungsscharten kommen beispielsweise auch am Unterhof in Diessenhofen vor.

Südwand 5. OG. Der Wasserschlag aus Melserplatten zeichnet die Linie des Satteldaches. Darüber die vermauerten Zinnen. Auf der Höhe der Zinnensimse der helle Streifen des Mörtelkragens zum Taschendach. Foto A. Hidber 1992.


Nordostecke im 5. OG. Negativ der Traufpfette (Mitte), links daneben mit Ziegeln zugestopftes Negativ eines Wasserspeiers (?). Am Pfettennegativ sind die Abdrücke breiter Holzschindeln zu sehen. An der Nordwand als Wasserschlag eingemauerte Melserplatten (rechts oben). Foto A. Hidber 1992.

Das 5. OG war ursprünglich ein unbewohnbarer Dachraum. Hier sind die zugemauerten Zinnen und die Spuren eines Sattel- und eines Taschendaches zu sehen. An der Südwand zeichnet sich der Kaminzug als dunkler russiger Streifen ab.
Beschreibung der Dächer siehe unter «Bergfried, Äusseres».

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