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Gekürzter Bericht über Bauuntersuchungen
am Schloss Sargans 1969–2001.

Falls Sie Anmerkungen vermissen:
Anfragen betreffend Quellen oder
Literatur-Hinweisen beantworte ich gerne.

Dienstag, 18. September 2007

Grundriss Erdgeschoss




Bauetappen des Schlosses Sargans, soweit sie sich aufgrund von Beobachtung am Mauerwerk ergeben (Eckverbände, Strukturunterschiede, Mörtelvergleiche). Da es heute noch so ist, dass ein Haus in der Regel nach einem Besitzerwechsel renoviert oder erweitert wird, habe ich versucht, die Bauetappen möglichen Bauherrschaften zuzuweisen (Siehe Zeittafel).
Schwarz/grau und schraffiert: Wohnturm, um 1150
Blau: Bergfried und Ringmauer, Hugo I., Begründer des Hauses Montfort († um 1230)?
Lila: Verstärkung des Torbereiches (Torturm?) und östlichster Teil des Hinteren Schlosses Graf Rudolf I. († um 1243), Begründer des Hauses Werdenberg, dessen Witwe Clementia v. Kyburg sich 1248 «comitissa de Sanegans» nennt, oder Hartmann I., Graf v. Werdenberg-Sargans (†1264)? In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts werden auch Herren von Sargans erwähnt: 1228 ein «dominus Reingerus», 1237 ein Heinricus, dictus Tremil de Sanigannis, miles», 1253 «H. de Sargans, miles» (F. Perret, 1100 Jahre Pfarrei Sargans). Waren es Schlossherren?
Lachsrot: Erneuerungen am Turm, nach Brand 1281 (siehe Turmfassade). Elisabeth v. Kreiburg-Ortenburg, Witwe Hartmanns I., als Vertreterin des noch minderjährigen Rudolfs II.
Orangerot: stehengebliebene Teile des 1459 eingestürzten Palas, erbaut unter Graf Rudolf IV. (der 1337 die «vesti zu sande ganz, burg und stat» erhielt), Graf Hans I. oder Heinrich II. v. Sargans?
Grün: Wiederaufbau 1460 unter den Grafen Georg und Wilhelm.
Gelb (in den Fassadenansichten ohne Farbe): Palas-Neubau 1506/10 durch die Eidgenössischen Orte.

Zeittafel

Donnerstag, 13. September 2007

Palas Westfassade


Im Zeitpunkt unserer Untersuchungen waren die Restaurierungsarbeiten an der Westfassade praktisch abgeschlossen. Eine Bauanalyse konnte nur noch anhand von Strukturunterschieden im Mauerwerk durchgeführt werden, weshalb sie weitgehend hypothetisch bleiben muss. Die Wetterseite wurde damals steinsichtig konserviert, erhielt aber wenige Jahre später einen deckenden Verputz, weil offenbar Feuchtigkeitsschäden aufgetreten waren.

Mauerwerk A, Schildmauer aus Tuffquadern
Wie beim Bergfried wurden auch hier die untersten Lagen aus Bruchsteinen aufgeführt, um eine horizontale Lage zu schaffen, auf welcher dann die gesägten Tuffquader gesetzt werden konnten. Die Lagen sind hier niedriger und weniger regelmässig gefügt als am Bergfried. Teile des Tuffmauerwerks sind zwischen den nachträglich eingebrochenen Fensteröffnungen bis etwa 2 m unter die bestehende Traufhöhe hinauf erhalten. Zwei Scharten im Erdgeschoss, eine liegende und eine stehende, gehören zum urprünglichen Bestand. Die Lagen grossformatiger Tuffblöcke enden etwa 1.80 m nördlich des Portals, sind aber zwischen dem südlichen Portalgewände und der Südecke wieder vorhanden.

Mauerwerk B, südliches Drittel 1. OG und Südecke
Nordgewände und Rundbogen des Portals sind aus kleinerformatigen Stücken gebildet und weniger sorgfältig gesetzt als dies in Mauerwerk A der Fall ist.
Im Portalbereich beträgt die Mauerstärke im Erdgeschoss 3.40 m, bzw. 2.70 m in den oberen Geschossen, während sie sonst von unten bis oben «nur» etwa 2 m misst. Mit Ausnahme der Südecke sind über dem Portal keine Tuffquader mehr vorhanden. An ihrer Stelle wurden z.T. grossformatige Bruchsteine und Flusskiesel verwendet. Die Mauerfront springt gegenüber A deutlich zurück. Hatte sich über dem Tor ursprünglich ein vorkragender Wehr-Erker befunden, welcher später abgebrochen wurde?

Mauerwerk C, Vermauerung einer Öffnung?
Mauerpartie aus faustgrossen Tuffbollen und einigen grösseren Kalksteinen oberhalb zwischen dem mittleren Fenster und der südlichen Fenstergruppe. Sie schliesst rechts frontbündig an Zone B an und links an die etwas vorspringenden Tuffquader A. Ob es sich um eine in mehreren Etappen entstandene Vermauerung handelt, wie dies nach dem Steinbild denkbar wäre, konnte im angetroffenen Zustand nicht mehr geklärt werden.

Mauerwerk D, oberster Mauerstreifen
Aufhöhung aus der Bauzeit von 1506–10. Das Bruchsteinmauerwerk entspricht im Charakter demjenigen des Giebelfeldes der Südfront.

Schloss, Südfront


Palas und Südtrakt

«Anno 1459 an dem 14. tag Augsten drey stund nach Mitternacht fiel das halb schloss Sargans in boden, mit allem gezimmer, vnd warend in dem schloss 6 Mentschen, 5 Hünd, 1 Habich, 2 Sperwer, vnd waren dozemol Herren die zwen gebrüder Graff Wilhelm vnd graff Jörg von Werdenberg von Sargans.» Mit diesen Worten beschreibt ein Pfäferser Mönch den Einsturz des Sarganser Schlosses und nicht ganz ein Jahr später heisst es: «Anno 1460 am 6. tag Heumonat fieng vorgenanter Graff Wilhelm dz schloss wider an zu bauwen vnd last vff obgenanten tag in der achten stund den ersten stein vormittag legen.»

Hatte man bisher angenommen, beim Wiederaufbau 1460 sei das «Hintere Schloss» von Grund auf neu entstanden, kann das heute durch die Baubefunde widerlegt werden. Die noch erhaltenen Teile könnten nach ihrem Verband und Charakter sogar aus der Frühzeit des Schlosses stammen. Wahrscheinlich wurde hier 1460 lediglich aufgestockt. Zu dieser Wiederaufbauphase gehört auch der Trakt zwischen Palas und Turm (Vorraum, Alte Grafenstube), wobei auch hier ältere Mauern mit einbezogen wurden.
Bis vor zwei Jahrzehnten waren über der Eingangstüre zur Grafenstube noch Reste der gemalten Wappen des Bauherren Graf Wilhelm von Werdenberg und seiner Gemahlin Ermentrud von Staufen zu sehen. Leider litt aber gerade dieser Trakt unter späteren Eingriffen wie dem Einbau von Gefängniszellen Ende des 18. Jahrhunderts. Um diese Eingriffe rückgängig zu machen und den neu entdeckten Wandmalereien einen entsprechenden Raum zu verschaffen, sah sich E. Probst zu weitgehender Rekonstruktion veranlasst.

Unter der alten Grafenstube stiess Probst auf eine parallel zur Eingangswand verlaufende Quermauer. Aussen konnten wir an der entsprechenden Stelle keinerlei Anzeichen eines Mauerwinkels feststellen. Die Quermauer kann also entweder von Norden her an die Südmauer (1,b) anstossen, mit ihr im Verband stehen oder auch älter sein. Weil der Bilderzyklus von 1460 an der Nordwand der Grafenstube (=Südfassade Turm) etwa auf der verlängerten Westflucht dieser Quermauer endet, wäre auch Gleichzeitigkeit nicht auszuschliessen. Dann wäre die Grafenstube wesentlich kleiner gewesen als die von Probst rekonstruierte.
Ein kurzer Laubengang an der Turm Südseite (auf alten Darstellungen noch zu sehen) könnte als Verbindung Palas-Bergfried gedient haben.


Palas-Südfront
Die älteste Mauerpartie erstreckt sich von der Palas-Südwestecke bis zur Ostecke der alten Grafenstube und vom anstehenden Felsen stellenweise bis ca. 1 m über das Bodenniveau des bestehenden Wohngeschosses. Das Mauerwerk dieser untersten Zone besteht aus lagenhaft gefügten und vereinzelt schräggestellten Lese- und Bruchsteinen, Ecken und Kanten sind aus gesägten Tuffquadern gebildet; die Westecke steht im Verband mit der Schildmauer (Palas Westmauer, A).
Im Bereich unterhalb der Küchenfenster wechselt der Mauermörtel von Steinlage zu Steinlage um bis zu 50 cm verzahnt. Der bräunliche Mörtel (1,a) westlich der Grenze entspricht in seiner Art jenem der unteren Turmgeschosse. Im Ostteil bis zum Anschluss an den Bergfried war der Mörtel (1,b) grauer und von vielen weissen Kalkknöllchen durchsetzt. Mauercharakter und Steinlagen beider Mauerteile liessen sich aber 1969 nicht voneinander unterscheiden. Ob es sich wirklich um eine vertikale Arbeitsgrenze oder im östlichen Teil nur um Reste eines tief in die Fugen greifenden Neuverputzes handelt, war im angetroffenen Zustand nicht mehr zu klären.

Südfassade des 1459 eingestürzten alten Palas (Zone 2)
Dass weite Teile der Südfassade den Einsturz 1459 überstanden hatten, zeigte sich am freigelegten Mauerwerk deutlich. Oberhalb der Zone 1 folgt ein Mauerwerk aus Tuffbrocken und Bruchsteinen. Für den Mauermörtel wurde offenbar Sand aus der Seez verwendet, denn er enthielt violette Tonschiefersplitter. Dieses Mauerwerk reicht bis zur Traufhöhe über der Webstube hinauf, winkelt im Osten mit einer Tuffquader-Ecke nach Norden ab und bildet den über das Dach der alten Grafenstube aufragenden Giebel. Dieser hatte ursprünglich entweder freigestanden – der Verputz zieht auf Erdgeschosshöhe um die Ecke herum – oder ein östlich daran anschliessender Gebäudeteil, vielleicht ein Holzbau, war niedriger und etwas zurückgesetzt.

Merkwürdig ist der Aufbau der aus Tuffquadern gebildeten Südwestecke. Im Untergeschoss sind die Quader dem Grundriss entsprechend stumpfwinklig geschnitten, während sie im oberen Bereich einen rechten Winkel zur Westfront bilden. Auf der Höhe des Reihenfensters vermittelt ein Übergangsquader zwischen den beiden Winkeln. Im Brüstungsbereich der oberen Fenstern zeigt sich eine Reihe von Balkenlöchern. Es muss sich um Negative von Konsolen handeln, an welchen ein Schutzdach über den unteren Fenstern eingehängt war. Ein durchgehender brandgeröteter Streifen auf Konsolenhöhe zeigt deutlich, auf welche Weise dieses Dach abging. Weil wir beim kleineren Küchenfenster eine vermauerte schmale Türe fassen konnten, dachten wir anfänglich an einen Laubengang, der sich hier auf der Länge des alten Palas erstreckt hätte. Auf anzunehmender Bodenhöhe war aber nur ein einziges Balkenloch vorhanden (unmittelbar östlich neben dem erwähnten Türchen), obwohl rechts davon die Fassadenmauer auf einige Meter Breite intakt war. Deshalb ist das schmale Türchen eher im Zusammenhang mit einem Aborterker zu sehen.
Zum Baubestand vor 1459 gehören noch vier weitere Öffnungen: drei im 2. Stock, nämlich die beiden 1506/10 zugemauerten Fenster mit gefasten Tuffsteingewänden und das aus wiederverwendeten Gewändestücken aus hellgrünlichem Sandstein zusammengesetzte Fenster der Webstube; im 1. Stock ist es das grosse Küchenfenster mit gekehltem Gewände aus dunkelgrauem Trimmiserstein.

Giebelfeld Palas, Wiederaufbau 1506–10
Der oberste Abschnitt des Palas besteht aus dicht gefügtem und mit Steinsplittern ausgezwicktem Alpenkalk-Bruchsteinmauerwerk. Das gekehlte Hauptgesims ist aus Tuff gearbeitet. Durch den hohen Anteil an Tonschiefer-Splitter («Seez-Sand») wirkt der Mauermörtel wirkt violett-grau. Mit dem gleichen ausserordentlich harten Mörtel wurde der ganze Palas von oben bis unten verputzt. Laut Aussage der Bauarbeiter liess sich dieser Verputz nur schwer entfernen. Zu fest sass aber die Idee vom weiss leuchtenden Schloss in den Köpfen der Denkmalpfleger, als dass man ihn hätte beibehalten wollen.